Ein sehr langer, steiniger holpriger Weg, der 1944 begann, der nach und nach etwas ebener wurde und leichter zu gehen war.

welimirowatzGeboren wurde ich 1936 in Jugoslawien, heute Kroatien im Ort Welimirowatz. Ich habe schon von klein auf in verschiedenen Orten und Städten gewohnt, bedingt durch meinen Vater, der Kaufmann war und durch die Kriegswirren öfter mal umgesetzt wurde, so dass ich immer wieder ein oder auch kein neues Zuhause hatte.

Dann 1944 wurden wir mit einem Transport der deutschen Wehrmacht in Esseg (Osjek) in den Zug gesetzt und fuhren über Österreich, tagelang bis nach Deutschland.

Da wir deutsch waren, mussten wir uns retten. Von zu Hause weg, das Kriegsende nahte und man wollte dem Tito-Regime nicht in die Hände fallen. Wir, uns nannte man Donauschwaben, später waren wir die Flüchtlinge oder Heimatvertriebene. Meine Vorfahren stammen aus der Pfalz aus Meksheim bei Kaiserslautern.

Ich war acht Jahre alt. Ich hatte einen jüngeren Bruder und eine jüngere Schwester. In dem Transportzug waren nur Flüchtlinge, alle aus Kroatien, aus Dörfern, die auch mir bekannt waren. Schon damals beherrschte ich perfekt die serbokroatische Sprache, was später dann von großem Nutzen war. Unterwegs an großen Bahnhöfen bekamen wir von einer Großküche warmes Essen. Jeder holte es mit seinem Kochgeschirr.

Wir kamen nach Sachsen – Dresden und danach in die Blumenstadt Sebnitz. Dort wurden wir in eine Schule einquartiert. Menschen über Menschen, auch aus den Ostgebieten, von der schon nahenden Front geflohen. Trotzdem hatten wir Gelegenheit, Dresden zu sehen. Am Nachmittag fuhren wir zurück nach Sebnitz. „Unser Glück“, denn abends und nachts wurde Dresden bombardiert. Oft mussten wir nachts wegen Bombenalarm in den Keller.

Dann kam das Kriegsende. Das russische Militär stellte wieder Eisenbahnzüge zusammen. Wir waren auch dabei. Wir wurden wieder in Richtung Jugoslawien gefahren, aber diesmal dauerte die Reise sehr lange.

Auf dem Weg verstarb unser kleiner Bruder, gerade mal geboren. Irgendwo am Wegrand haben wir ihn begraben. Die Fahrt ging durch das heutige Tschechien, durch Prag, dann durch Ungarn – Budapest bis hinunter nach Jugoslawien. Dort wurden wir von der Tito – Miliz entgegengenommen. Mein Vater wurde verhaftet. Frauen und wir Kinder wurden gesondert untergebracht. Nun begann die schlimmste Zeit meines jungen Lebens.

Von einem Lager in ein anderes getrieben; manchmal unter freiem Himmel geschlafen. Alte Leute sind gestorben. Kleinkinder bekamen schlimme Krankheiten und starben auch. Meine Schwester war nahe dran.

Wir waren interniert, so sagten es die Erwachsenen. Zweieinhalb Jahre vegetierten wir so dahin. Unser Glück war, dass wir uns mit den Jugoslawen sprachlich verständigen konnten.

Dann kamen wir in ein entlegenes Dorf nahe der ungarischen Grenze. Von dort flohen wir nachts mit noch anderen Familien. Ein Stück quer durch Ungarn; alles zu Fuß bis in das Burgenland nach Österreich. Dort blieben wir eine Weile, dann ging es wieder weiter. Von der russischen Zone in die britische – ein Problem. Auch wieder nachts. Auch da kamen wir nicht weit. Eine britische Militärstreife fing uns ein und brachte uns in ein Auffanglager nach Liezen in der Steiermark (Österreich). Dort blieben wir auch nicht lange, ich fing an in die Schule zu gehen; ich war schon 11 Jahre alt. Wir schrieben das Jahr 1947.

Aber wieder hieß es, hier könnt ihr nicht bleiben und man lud uns auf große LKW's. Wir fuhren nach Eisenerz, eine Bergarbeiterstadt. Hier kamen wir auch wieder in ein Lager mit Baracken und einer Kommandantur der Engländer.

Mein Vater bekam Arbeit. Nach und nach gliederten wir uns den Österreichern an und 1949 kam ich in die Gemeindeschule Eisenerz. Ich lernte gut, so dass ich zweimal eine Klasse übersprang und damit die Möglichkeit hatte, eine Schlosserlehre zu machen. Mittlerweile hatte ich fünf Geschwister; als Ältester hatte ich da schon eine Verantwortung. Jedoch waren wir immer noch im Barackenlager.

Nach meiner Konfirmation in der kleinen Christuskirche zu Eisenerz beendete ich auch dann 1954 erfolgreich die Schlosserlehre und arbeitete als Geselle im Bergwerk. Dort wurde Spateisenstein abgebaut. Mitunter war es nun schon mal eine schöne Zeit.

Friedrich-Thyssen aus Duisburg-Hamborn warben für die „Zeche“, wie sie die Kohlengrube nannten, um Arbeiter. Man sagte, auch Wohnungen seien vorhanden. So sind wir der Stadt Voerde schon sehr nahe gekommen. Mein Vater und mein Bruder gingen zum Schacht 2/5 nach Hamborn. Ich fing bei der Firma Rohr- und Stahlbau in Dinslaken an. Wir wohnten im Südlager im Hiesfelder Bruch. Ich war nun 19 Jahre alt und kam bei meiner Tätigkeit und mit den so genannten Niederrheinern gut zurecht. Ich gliederte mich schnell ein. Dann wechselte ich auch meinen Arbeitsplatz und ging ebenfalls zum Schacht, wo ich in meinem Beruf als Schlosser tätig war. Dann zogen wir nach Wehofen – Walsum. Kurz bevor der Schacht 2/5 geschlossen wurde, wechselte ich in das Stahlwerk August – Thyssen – Hütte. Wie so Viele, lernte auch ich meine Frau beim Tanz kennen und lieben. 1961 haben wir geheiratet, haben zwei Kinder und vier Enkelkinder.

1960 bis 1995 war ich Schlosser bei Thyssen, habe mich etwas weitergebildet und führte bis zu meiner Rente eine Kunststoffwerkstatt.

In dieser Zeit haben wir einen Kegelverein gegründet. Als nach 40 Jahren der ein oder andere in Rente ging, haben wir - nach schöner Zeit - diesen dann aufgelöst.

1964, nach einer Behelfswohnung, zogen wir dann nach Voerde – Möllen. Nach einigen Eingewöhnungsproblemen haben wir uns nun aber eingelebt. Ich betätige mich seit einigen Jahren in der ev. Kirche Möllen. Meine Frau macht auch mit und wir haben guten Anschluss gefunden. Ich habe auf Empfehlung von Pfr. Federwisch auch eine Bilderausstellung gemacht, wobei Pfr. Federwisch schon etwas überreden musste. „Danke!“

Dieses ist eine kürzere Wegstrecke meines Lebens bis nach Voerde.

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